Das Buch

Inhalt der Biografie:

Filmklassiker wie »Die Drei von der Tankstelle« mit Heinz Rühmann, »Spione« von Fritz Lang, »Ein blonder Traum« nach einem Drehbuch von Billy Wilder, »Wiener Blut« mit Hans Moser und Theo Lingen sowie Romy Schneiders Leinwanddebüt »Wenn der weiße Flieder wieder blüht« haben eines gemeinsam: Willy Fritsch hat stets die Hauptrolle gespielt. Genauso wie er als Interpret hinter musikalischen Evergreens steht wie »Ein Freund, ein guter Freund«, »Ich wollt‘, ich wär‘ ein Huhn« oder »Ich tanze mit dir in den Himmel hinein«.

Zwischen 1923-1945 war er einer der größten Stars der Ufa. Ein Aushängeschild des Filmkonzerns, für dessen Auftreten bei einer Premiere im Vorfeld die Straßen rund um das Kino polizeilich gesperrt werden mussten, weil tausende Fans den Verkehr blockierten – europaweit. Sogar ein Schlager wurde 1931 ihm zu Ehren komponiert: »Ich bin in Willy Fritsch verliebt«. Er spielte im ersten deutschen Tonfilm und im ersten deutschen Farbfilm. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Willy Fritsch seine Karriere fortsetzen und lieh in der Adenauerrepublik den erfolgreichsten Heimatfilmen sein Gesicht, bis er sich 1964 nach fast 130 Filmen aus dem Geschäft zurückzog. Er hat über 40 Jahre lang Filmgeschichte mitgeschrieben.

Er liebte schnelle Autos, war ein Langschläfer und sowohl vor als auch hinter der Kamera mit einem subtilen Humor gesegnet. Sein Lächeln machte ihn einst berühmt.

Max Reinhardt bildete ihn aus, Max Schmeling war lebenslang sein engster Freund, Max Raabe singt heute seine Lieder.

Wer war eigentlich Willy Fritsch?
Dieser Frage möchte das vorliegende Buch anlässlich des 100. Geburtstags der Ufa 2017 nachgehen. Es ist die erste umfangreiche Biografie über den einst sehr bekannten Darsteller und Vater des Schauspielers Thomas Fritsch. Gleichzeitig bietet das Buch immer wieder kurze Einblicke in die deutsche Filmgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, lässt viele Zeitzeugen zu Wort kommen und beschäftigt sich insbesondere mit dem Aufbau von Stars, ihrer Arbeitsweise und Vermarktung innerhalb einer Filmindustrie, die das Publikum sowohl begeistern als auch manipulieren konnte.

Illustriert mit mehr als 100 Fotos.

Das Buch und seine Entstehungsgeschichte:

Diese Biografie ist wie eine Schatzkiste. Ein ungelüftetes Geheimnis. Ein nie beschrittener Pfad.

Es gibt Filme, deren Inhalte erst einen Sinn ergeben, wenn man sie zu Ende gesehen hat. Genauso ist es mit diesem Buch. Nach dem letzten Kapitel werden Sie sich fragen: warum kannte ich Willy Fritsch bisher eigentlich nicht? Und Sie werden staunen, wie viel Sie eigentlich von ihm kannten, ohne dass Sie es wussten.

Warum immer Heinz Rühmann, aber nie Willy Fritsch?

1917 wurde der legendäre Ufa-Filmkonzern gegründet. Bei einem Blick in die Filmgeschichtsbücher fallen in diesem Zusammenhang seit Jahrzehnten stets dieselben Namen: Marlene Dietrich, Heinz Rühmann, Hans Albers. Immer die gleichen Geschichten. »Der blaue Engel«. »Die Feuerzangenbowle«. »Die große Freiheit Nr. 7«. Oft auch: »Metropolis«. Ein toller Film! Aber zum Zeitpunkt seiner Entstehung nicht kommerziell erfolgreich. Willy Fritsch dagegen umso mehr. Eine Zeitlang war er der bestbezahlte Schauspieler der Ufa. Sein Name auf dem Filmplakat garantierte 1930 schon wochenlang ein volles Haus, als Marlene Dietrich noch ihr berühmtestes Casting absolvierte. 25 Jahre später war das übrigens immer noch so. Er war 40 Jahre lang ein Star.

Als ich 2006 beim Zappen im Fernsehen zufällig auf den Filmklassiker »Die Drei von der Tankstelle« stieß, kannte ich dessen Hauptdarsteller Willy Fritsch nicht. Ich guckte wegen Heinz Rühmann zu. Über seinen attraktiven Kollegen recherchierte ich am kommenden Tag im Internet. Was, wie ich schnell herausfand, die Frauen der Charleston-Generation wohl ebenfalls getan hätten, wäre das Internet 1930 schon erfunden gewesen. Und nicht nur die Frauen.

Bereits auf den ersten Blick war ich überrascht, dass ich den Schauspieler Willy Fritsch bewusst noch nie wahrgenommen hatte, denn es fanden sich reichlich Belege dafür, wie beliebt und berühmt er über Jahrzehnte und Landesgrenzen hinweg war. Immer wieder stand sein Name mit wichtigen Ereignissen der deutschen Filmgeschichte in Verbindung: der erste Tonfilm, der erste Farbfilm. Blockbuster. Namen ploppten auf: Max Reinhardt, Fritz Lang, Hardy Krüger, Hildegard Knef, Romy Schneider. Sein Sohn, Thomas Fritsch. Sogar Billy Wilder.

Gern hätte ich mehr über ihn gelesen, aber bis auf die halbherzige, als »Autobiografie« veröffentlichte Zusammenfassung einer Radioshow von 1963 oder Filmbücher, in denen er auch mal eben so erwähnt wurde – meist im Zusammenhang mit Lilian Harvey, einer alten Filmpartnerin – gab es nichts. Immerhin viele seiner Schlager kennt man heute aus den Konzerten von Max Raabe.

Ich hatte mir immer eingebildet, bereits viel über die Epoche zu wissen. Aber plötzlich machte sich das Gefühl breit, auf etwas gestoßen zu sein, das irgendwie noch nicht vollständig erschlossen war. Neugierig begann ich intensiver zu recherchieren. Warum spielt Willy Fritsch im heutigen Rückblick auf die Filmgeschichte und im Gegensatz zu anderen Schauspielern keine Rolle mehr, obwohl er über Jahrzehnte die Titelseiten der Filmpresse beherrschte? Er war Mitglied der NSDAP. Hatte er sich etwas zuschulden kommen lassen, so dass man heute seinen Namen nicht mehr nennt?

Ratlos saß ich als Zuschauerin der »Ufa-Filmnächte« auf der Berliner Museumsinsel bei einer Vorführung und lauschte den einleitenden Worten des Präsentators über sämtliche Mitwirkende des Films. Nur über den Hauptdarsteller fiel kein Wort. Es war Willy Fritsch. Ich dachte: »Das gibt’s doch gar nicht! Woran liegt das?«

Als der Hollywood-Regisseur Quentin Tarantino auf der Berlinale 2009 im Zusammenhang mit seinem Film »Inglorious Basterds« und der darin enthaltenen Nutzung des von Fritsch gesungenen Titels »Ich wollt‘, ich wär‘ ein Huhn« ein Loblied auf den Ufa-Film »Glückskinder« und seine Darsteller anstimmte, war dieser Film in Deutschland nicht erhältlich. Eilig wurde er erst ein paar Jahre später restauriert. Schließlich sollten auch deutsche Filmfans wissen, wovon der US-Filmemacher überhaupt gesprochen hatte. Ohnehin geht man im Ausland offenbar ehrfürchtiger mit dem Erbe des Schauspielers um. Als Protagonist der Blütezeit des deutschen Films und des Unterhaltungskinos in den 1920er und frühen 1930er Jahren steht Willy Fritsch im Ausland ganz weit vorn.

Wo steht er hierzulande?

»Meinen Sie, das interessiert heute noch jemanden?«, hatte Thomas Fritsch mich damals skeptisch gefragt, als ich zwecks Recherche über seinen Vater Kontakt zu ihm aufnahm.

Ja, ich bin der Meinung, es sollte interessieren. Denn die bisherige Berichterstattung wird ihm oft nicht gerecht, obwohl seit einigen Jahren immerhin einige seiner besten Filme wiederveröffentlicht worden sind. Es ärgert mich dennoch, wie stiefmütterlich man häufig mit Willy Fritsch umgeht, seine Filme mit den Namen von Nebendarstellern bewirbt und er von Filmhistorikern übersehen wird, wo doch sein Leben so viel hergibt, dass fast 500 Seiten für ein Buch zusammenkommen.

Es sind dutzende Biografien über Marlene Dietrich oder Heinz Rühmann geschrieben worden. Deshalb war es Zeit für ein erstes Buch über Willy Fritsch, denn er hat lange eines verdient! Es wird nie ein Bestseller werden, dazu ist es zu speziell. Aber wenn Sie beim Lesen dasselbe Aha-Erlebnis verspüren und verblüfft sind wie ich als ich erstmals von ihm hörte, habe ich mein Ziel erreicht. Es würde mich freuen! Denn es gibt immer noch etwas zu entdecken: den Schauspieler Willy Fritsch.

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Epilog

Seitdem ich den vorstehenden Text zur Entstehungsgeschichte des Buches für diese Website verfasst habe, sind fast sieben Jahre vergangen. Mittlerweile konnte das Buch bereits viele interessierte Leserinnen und Leser finden – um ehrlich zu sein sogar mehr, als ich erwartet hatte. Darüber freue ich mich sehr und bedanke mich bei allen, die es bisher gelesen haben! Einige Print-Ausgaben wurden, obwohl in deutscher Sprache verfasst, unter anderem sogar von den Universitätsbibliotheken in Harvard, Princeton oder Stanford bestellt. Auch deutsche Bibliotheken führen das Buch in ihren Katalogen, aber dazu musste ich es überwiegend selbst zur Verfügung stellen. Dies stützt meine oben genannte These der internationalen Wahrnehmung und bedauert zugleich auch den Umstand, dass ich den Text bisher nicht umformulieren brauchte.

2019 feierte der Tonfilm sein 90. Jubiläum. Am 16. Dezember 1929 wurde der erste vertonte Spielfilm aus deutscher Produktion uraufgeführt. Hätte man erwarten können, dass »Melodie des Herzens« dazu als Stream oder DVD/Blu-Ray erscheint? Natürlich ist dieser Film kein künstlerischer Meilenstein wie »Metropolis« und keine »Büchse der Pandora«. Aber er ist Filmgeschichte.

Der als Tonfilmoperette konzipierte Film »Ein blonder Traum« von 1932 steht von jeher als Synonym für das heitere Unterhaltungskino der Weimarer Republik kurz vor deren Untergang. Das Drehbuch stammt von Billy Wilder, der kein halbes Jahr nach der Premiere des Films aus Deutschland emigrieren musste. Wer von Ihnen kennt diesen Film? Und welche Chance besteht ihn zu sehen, wenn man nicht gerade zufällig um die Ecke eines spezialisierten Programmkinos wohnt, das ihn alle paar Jahre mal zeigt?

Babylon Berlin

Hoffnung machen immerhin aktuelle TV-Serien wie »Babylon Berlin«, die selbst Unterhaltungskino sind und in denen man plötzlich auch wieder Hinweise auf die Stars und Filme des Genres vor 1933 findet. Als in der letzten Folge der dritten Staffel die Sequenz einer Filmpremiere gezeigt wird, erfährt der Zuschauer im Dialog: »…und alle sind sie da: Lilian Harvey, Fritsch, die Helm!« Die ergänzende ARD-Dokumentation »Herbst 1929 – Schatten über Babylon« ließ den Schauspieler Sebastian Urzendowsky anschließend als »Willy Fritsch« vom ersten Tonfilm erzählen. Das Interesse zur Information, wer dieser ominöse »Willy Fritsch« war, konnte ich dadurch an den Zugriffszahlen dieser Homepage ablesen. Super ist das!

Am 27. Januar 2021 wäre Willy Fritsch 120 Jahre alt geworden. Vor über 100 Jahren hat er den ersten Film gedreht, und am 13. Juli 2023 hat sich der Todestag des Schauspielers zum 50. Mal gejährt. Die Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts machten ihn populär. Ich bin sehr gespannt auf diese!